NUTZERANFORDERUNGEN AN DIE GEBÄUDE- UND ANLAGENAUTOMATION (KG 480)
Nutzeranforderungen konkretisieren die Leistungspflichten im Rahmen der KG 480 – Gebäude- und Anlagenautomation. Der Anlagenerrichter hat dafür Sorge zu tragen, dass die GA-Anlage normgerecht und sicher ausgeführt wird (VDI 3805, VDI 3814, EX-Schutz, SIL-Anforderungen) alle TGA-relevanten Gewerke in den definierten Anwendungsbereich einbindet, eine unabhängige Betriebsfähigkeit ohne zentrale Managementebene (Notlauf) sichergestellt ist, die GA ausbaufähig bleibt, um künftige Smart-Building- und IoT-Funktionen nachzurüsten, über ein intuitives Visualisierungs- und Nutzermanagement verfügt und alle Dokumentations-, Zähl- und Störmeldedaten klar strukturiert.
Mit Erfüllung der oben aufgeführten Punkte wird gewährleistet, dass die Gebäudeautomation langfristig einen sicheren, effizienten und transparenten Gebäudebetrieb unterstützt und die Grundlage für weitere Modernisierungen sowie Smart-Building-Lösungen bietet.
Variabilität der Umweltbedingungen: Die GA muss verschiedene Umwelt- und Betriebsbedingungen (z. B. Temperatur, Feuchte, Druck) innerhalb eines definierten Prozessfensters bereitstellen können.
Einhaltung relevanter Normen: Bei Planung und Errichtung sind insbesondere die VDI 3805 (Produktinformationen) und VDI 3814 (Automation) sowie alle EX-Schutz-Anforderungen vollumfänglich zu berücksichtigen.
Umfang und Abgrenzung: Alle TGA-Anlagen und Anlagengruppen sind in die GA einzubeziehen (z. B. HLK, Sanitär, Elektro).
Ein übergreifendes System (z. B. für Küche, Logistik, Beleuchtungssteuerung, Sonnen-/Blendschutz etc.) ist aktuell nicht vorgesehen und nicht Bestandteil der Leistung.
Unabhängige Betriebsweise: Das System muss so ausgeführt werden, dass auch ohne aktive Managementebene ein basistauglicher Anlagenbetrieb (z. B. Notlauf) sichergestellt bleibt.
Ausbaubarkeit: Die GA soll modular und erweiterbar gestaltet werden, um zukünftige Anpassungen (z. B. Smart-Building-Funktionen, IoT-Anbindung) problemlos integrieren zu können.
Grundaufgaben
Der Anlagenerrichter muss eine deutschsprachige, dauerbetriebstaugliche Zentrale Leitstelle (GLT) erstellen, die vor Ort und über eine webbasierte Benutzeroberfläche (mit VPN-Schutz) für den Auftraggeber (AG) sowie das Wartungspersonal bedienbar ist.
Zeitabhängiges, ergebnisabhängiges, tarifabhängiges und gleitendes Schalten müssen ermöglicht werden (z. B. gezielte Lastreduzierung).
Eine raumlastabhängige Sollwertführung (z. B. bei Heiz-/Kühllasten) ist zu integrieren.
Optimierungsaufgaben
Zur Steigerung von Energie- und Nutzungseffizienz müssen folgende Strategien umgesetzt sein:
Adaptive Regelkurven sowie Drehzahlregelungen (Pumpen, Ventilatoren)
Wirkungsgradoptimierung von Anlagenteilen
Nachtkühlbetrieb (Kühlung von Raumspeichermassen in der Nacht)
Bedarfsabhängige Regelung der Luftqualität (CO₂-, Feuchte-Sensorik)
Smart-Building-Funktionen (aktuell nicht einbezogen): Funktionen wie Beleuchtungssteuerung, Wartungsplaner, IoT-Ready, App-basierte Anwendungen etc. können bei einer späteren Anlagenerweiterung berücksichtigt werden, sind aber zurzeit nicht Gegenstand dieser Leistung.
Topologie: Zwischen Management- und Automationsebene muss eine Ringstruktur in LWL errichtet werden.
Von der Automationsebene zu den Feldgeräten ist eine Sternstruktur mittels Kupferkabel herzustellen.
Längen und Signalstärken: Maximal 80 m Kabellänge laut IT-Vorschriften sind einzuhalten, um Repeater/Verstärker zu vermeiden.
SIL-Anforderungen (Safety Integrity Level) sind zu berücksichtigen, falls für sicherheitsrelevante Anlagen erforderlich.
Protokoll und Kommunikation
Die GA muss nach BACnet Secure Connect (BACnet/SC) gemäß DIN EN ISO 16484-5 kommunizieren.
TCP/IP-basierte Netzwerke sind zu verwenden, um eine herstellerneutrale, internationale Standardlösung zu gewährleisten.
Visualisierung
Die Managementebene (GLT) muss eine intuitive, einheitliche und klar strukturierte Bedieneroberfläche bieten.
Wichtige Parameter sind sofort sichtbar darzustellen; Detailinformationen sind per Klick/Selektierung aufzurufen.
Objektbezeichnungen sollen durchgehend auf der Visualisierung ersichtlich sein; Parametrieränderungen bedürfen einer Bestätigung.
Handbedienebenen
Zusätzlich zu den Visualisierungen sind bei Bedarf physische Handbedienebenen in Schaltschränken vorzusehen, die automatisch Folgesysteme anpassen (z. B. Pumpenschaltung).
Der Zugriff auf die Managementebene muss passwortgeschützt erfolgen.
Folgende Benutzerrechte müssen mindestens vorgesehen sein: 2 x Vollzugriff inkl. Zugang zur Programmierebene
3 x Nutzerzugriff mit Lese- und Schreibrechten, jedoch ohne Programmierzugang
5 x Fernzugriff mit Leserechten (via Web, VPN-gesichert)
Zugänge können am Terminal, an Z-ISP oder per Web erfolgen.
Quick-Finder und Baumstruktur
Die Darstellung muss als Seitennavigation in Baumstruktur erfolgen; Startseite mit Buttons zu Gebäudeteilen und Themenbereichen.
Gewerkzugang (z. B. Trinkwasser, Heizung, Elektro), untergliedert nach Erzeugung, Verteilung, Regelung und Verbrauchern.
Statusanzeigen
Betriebszustände müssen im Normalbetrieb grün hinterlegt sein.
Störungen wechseln von Grün auf Rot. Handbetrieb soll per Symbol angezeigt werden, Automatikbetrieb wird nicht extra gekennzeichnet.
Klartextanzeigen
Meldungen und Anweisungen müssen verständlich formuliert sein, damit nicht technisches Personal schnelle Entscheidungen treffen kann.
Ein dauerhaft geführtes Logbuch ist Pflicht. Dort müssen alle Anmeldungen, Änderungen und sonstigen Systemanpassungen protokolliert werden.
Die Dokumentation muss archiviert und jederzeit abrufbar sein (z. B. für Wartungsnachweise).
Ein Spitzenlastmanagement ist derzeit nicht vorgesehen.
Der Fokus liegt auf der Erfassung und Darstellung von Energiekennzahlen (Verbräuche) und ggf. Optimierungen nach Bedarf.
Alle Verbrauchszähler (Strom, Wasser, Gase, Wärme, Kälte, Sprinkler etc.) sind an die GLT anzubinden.
Die tatsächlichen Verbräuche (Differenzwert) müssen dargestellt werden.
Ebene 1.0 bis 4.0: Alle Zähler sollen Mindest- und Maximalleistungen ausweisen, sofern vorhanden.
Störmeldungen sind einzeln oder als Sammelstörmeldungen zu erfassen und über ein Prioritätenmanagement (1 bis 3) abzubilden.
Klartextanzeigen müssen hinterlegt und archiviert sein; Quittierungen müssen im Nutzermanagementsystem protokolliert werden.
Alle relevanten Daten (z. B. für Wirtschaftlichkeitsberechnungen) müssen in Langzeitdiagrammen (15-Minuten-Intervall) über mindestens 12 Monate aufgezeichnet werden.
Eine Langzeitarchivierung von mindestens 5 Jahren ist erforderlich.
Redundante, gespiegelte Archivierung ist vorzusehen, um Datenverlust zu vermeiden.
Alle Zeit-, Betriebs- und Stufenanzeigen (Analog/Digital) müssen übertragbar sein.
Zeitprogramme sind als Tages-, Wochen-, Monats- oder Jahreseingaben frei programmierbar (Urlaubsplanung, Feiertage etc.).
Die Anlagen müssen auf Änderungen automatisch reagieren.
Das Archivierungskonzept muss in Kurzzeit- (ca. 12 Wochen) und Langzeitarchivierung (mind. 2 Jahre) gegliedert sein.
Die redundante und gespiegelte Ausführung muss ausreichende Speicherressourcen für die anfallende Datenmenge sicherstellen.
Sämtliche erforderlichen physikalischen und kommunikativen Datenpunkte müssen vom Anlagenerrichter nach VDI 3814 ermittelt, definiert und dokumentiert werden.
Nur physikalische Datenpunkte sind anrechenbar.
Aufbau und Gesamtsystem
Das Projekt ist als zentrale Leittechnik (GLT) mit vollumfänglichem Funktionszugriff umzusetzen.
Eine Gebäudeleitzentrale (GLT) muss als Hauptbedienstelle eingerichtet werden.
Informationsschwerpunkte (ISP) in Form von zentralen (Z-ISP) und dezentralen (D-ISP) Schaltanlagen mit Touch-Displays sind so zu errichten, dass von jedem Haupt-ISP Zugriff auf andere ISP möglich ist.
Sicherheitsfunktionen und App-Steuerung
Alle sicherheitsrelevanten Funktionen (Hard-/Software) müssen den geltenden Vorschriften entsprechen (z. B. SIL, Brandschutz).
Eine App-Steuerung für verschiedene Nutzergruppen (Bediener, Nutzer, Gäste) kann vorbereitet werden, sofern dies projektspezifisch gefordert ist.
Aktuell nicht Teil des Leistungsumfangs, aber in der Systemarchitektur zu berücksichtigen (erweiterbare Schnittstellen).
Umfang der Aufschaltung
Alle in den Anlagenbeschreibungen genannten Anlagenteile müssen an die GA angebunden werden (KG 410, 420, 430, 470 etc.).
Nicht aufgeschaltet werden Systeme aus KG 300 (z. B. Türsteuerungen, Fensterkontakte), KG 440 (außer Zählermanagement), KG 450 (nur BMA/EMA in Schaltungen einbeziehen, jedoch kein umfassendes BMZ-Management), KG 460, KG 500.
Die GA ist somit nicht als übergreifendes System für Tür-/Fenster-/Zutritts- oder Sonnenschutzsteuerungen vorgesehen.