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Kabel, Leitungen und Verlegesysteme in der Gebäudeautomation

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Kabel, Leitungen und Verlegesysteme in der Gebäudeautomation

Kabel, Leitungen und Verlegesysteme in der Gebäudeautomation

Die Gebäudeautomation (GA) umfasst alle technischen Einrichtungen und Systeme in Gebäuden, die zu einer automatisierten Steuerung, Regelung, Überwachung und Optimierung des Gebäudebetriebs dienen. Hierzu gehören beispielsweise Beleuchtungssteuerungen, Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen (HLK), Sonnenschutz- und Verschattungssysteme, Sicherheitstechnik sowie Zutrittskontrollen. Damit diese Systeme zuverlässig miteinander kommunizieren und betrieben werden können, ist eine durchdachte Planung und Ausführung von Kabeln, Leitungen und Verlegesystemen essenziell. Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte ausführlich erläutert. Die richtige Wahl und Verlegung von Kabeln, Leitungen und Verlegesystemen ist eine wesentliche Grundlage für den zuverlässigen und sicheren Betrieb einer Gebäudeautomation. Dabei spielen EMV-Gesichtspunkte, Brand- und Rauchschutz, mechanische Anforderungen sowie zukunftssichere Dimensionierung eine große Rolle. Unterschiedliche Bussysteme (KNX, DALI, LON, BACnet, Modbus, IP-Netzwerke) bringen jeweils spezifische Anforderungen an die Verkabelung mit sich – von speziellen Busleitungen über Ethernet-Kabel bis hin zu Hybridlösungen mit integrierter Stromversorgung (PoE). Ein durchdachtes Kabelmanagement, saubere Trassentrennung und ausreichende Reserven für spätere Erweiterungen tragen maßgeblich zu einer kosteneffizienten und langlebigen Gebäudeautomations-Infrastruktur bei. Eine sorgfältige Planung gemäß geltender Normen und Vorschriften sowie eine gewissenhafte Ausführung und Dokumentation sind daher unerlässlich.

Unterschiede zwischen Kabel und Leitung

  • Kabel sind in der Regel mehradrige, besonders robust ummantelte elektrische Leitungen, die hohen mechanischen und/oder äußeren Einflüssen (Feuchte, Druck, Sonneneinstrahlung etc.) standhalten können. Sie werden häufig im Außenbereich oder in Bereichen mit erhöhter Beanspruchung eingesetzt.

  • Leitungen hingegen können je nach Ausführung auch mehradrig sein, sind jedoch oft weniger stark ummantelt und eher für den Innenbereich oder für Verlegearten mit geringeren mechanischen Beanspruchungen vorgesehen.

Gerade in der Gebäudeautomation findet man überwiegend Leitungen, die speziell für die Datenübertragung oder für den kombinierten Betrieb von Daten- und Versorgungssignalen ausgelegt sind.

Bus-Leitungen (Feldbusse, KNX, DALI, LON usw.)

  • KNX-Busleitung (z. B. YCYM, J-Y(St)Y oder spezielle KNX-Kabel): KNX ist ein verbreitetes Feldbussystem für die GA. Die KNX-Standard-Busleitung verfügt häufig über ein grünes oder rotes Außenmantelkennzeichen, besitzt 2 Adernpaare (vier Adern) und ist paarweise verseilt (Twisted Pair), damit Störeinflüsse minimiert werden. Die Spannungsversorgung von Sensoren und Aktoren erfolgt über die Busleitung (typisch 30 V DC).

  • DALI-Leitungen: DALI (Digital Addressable Lighting Interface) wird für die Beleuchtungssteuerung eingesetzt. Die Schnittstelle arbeitet mit 16 V DC und benötigt in der Regel zwei Adern (ungeerdet). Häufig wird für DALI eine einfache Steuerleitung genutzt, beispielsweise NYM-O 2x1,5 oder spezifische DALI-Kabel (mit oder ohne Schirm). Auf eine separate Abschirmung wird bei kurzen Leitungslängen in der Praxis oft verzichtet, kann aber für Störsicherheit sinnvoll sein.

  • LON-Leitungen: LON (Local Operating Network) ist ein weiteres GA-Feldbussystem. Hier wird je nach Einsatzumgebung eine geschirmte Zweidrahtleitung oder ein verdrilltes Adernpaar verwendet (TP/FT-10). Abschirmung und Aderverseilung sind wichtig, um Datenintegrität sicherzustellen.

Ethernet- und IP-basierte Netzwerkkabel

  • Cat.5e, Cat.6, Cat.6A, Cat.7 etc. (z. B. S/FTP-, F/UTP-Leitungen): Mit der zunehmenden Vernetzung und dem Trend zu IP-basierten Protokollen in der Gebäudeautomation (z. B. BACnet/IP, Modbus TCP) werden entsprechende Netzwerkverkabelungen immer wichtiger. Hier kommen typischerweise Twisted-Pair-Kabel zum Einsatz, die je nach Anforderung geschirmt (F/UTP, S/FTP, SF/UTP) oder ungeschirmt (U/UTP) ausgeführt sein können.

  • PoE (Power over Ethernet): Wenn Geräte (z. B. Sensoren, IP-Kameras, Access Points) über das Netzwerkkabel mit Energie versorgt werden sollen, ist eine PoE-fähige Infrastruktur notwendig. PoE stellt je nach Standard (IEEE 802.3af, 802.3at, 802.3bt) unterschiedliche Leistungen zur Verfügung, sodass eine ausreichende Leitungsdimension und Qualitätsstufe (mindestens Cat.5e) erforderlich ist.

Steuer- und Signalleitungen

  • E/A-Leitungen (Eingangs-/Ausgangssignale): In vielen dezentralen GA-Anlagen kommen digitale und analoge Signale zum Einsatz (z. B. 0–10 V, 4–20 mA, Temperaturfühler, Schaltkontakte). Hierfür werden oft geschirmte Leitungen mit 2 bis 6 oder mehr Adern verwendet, abhängig von der Anzahl an Sensoren/Aktoren pro Leitung. Beispiele sind: LIYCY (geschirmte Steuerleitung mit PVC-Isolation), JY(ST)Y (Telekommunikationsleitung) oder eigene Herstellervorgaben.

  • Ventil- und Antriebskabel: Stellantriebe für Heizungsventile, Lüftungsklappen, Jalousien etc. erfordern oft Leistungskabel mit 24 V, 230 V oder speziellen Spannungen – jeweils abhängig vom Aktortyp. Bei langen Leitungswegen sind Spannungsabfälle und eventuelle EMV-Einflüsse zu berücksichtigen.

EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit)

  • Geschirmte Leitungen verwenden (z. B. S/FTP für Netzwerke, geschirmte Feldbusleitungen).

  • Getrennte Trassen für schwachstrom- und starkstromführende Leitungen.

  • Mögliche Einstreuungen durch Frequenzumrichter oder Motorleitungen vermeiden (z. B. ausreichender Abstand, eigene Verlegewege).

Brand- und Rauchschutz

  • Halogenfreie Leitungen (z. B. NHXMH, H05Z-K etc.) in Flucht- und Rettungswegen.

  • Kabel mit erhöhtem Feuerwiderstand oder Funktionserhalt (z. B. E30/E60/E90 bei sicherheitstechnischen Anlagen).

  • Verwendung von feuerbeständigen Kabelkanälen, Schächten oder Brandschotts.

Mechanische Belastbarkeit und Umgebungsbedingungen

  • Feuchträumen oder im Außenbereich (UV-beständige und wasserdichte Kabel).

  • Mechanisch beanspruchten Bereichen (Kabel geschützt in Rohrsystemen, Kabeltrassen, Kanälen).

Querschnitt und Spannungsfall

Gerade bei längeren Strecken oder bei der Versorgung von mehreren Aktoren über eine gemeinsame Leitung sollte geprüft werden, ob der ausgewählte Aderquerschnitt (z. B. 0,5 mm², 1,5 mm²) ausreichend ist, um Spannungsabfälle zu vermeiden und die Stromtragfähigkeit zu gewährleisten.

Zukünftige Erweiterungen

Da Gebäudeautomation oft im Laufe der Gebäudenutzung erweitert oder geändert wird, empfiehlt es sich, Reserven (z. B. bei Schachtquerschnitten, Kabeltrassen, Leerrohren) einzuplanen und offene Kabeladern vorzuhalten.

Aufputz-Verlegung

  • Kabelkanäle (Kunststoff oder Metall): Häufig in industrieller Umgebung, Technikräumen oder Serverräumen anzutreffen. Für Änderungen und Erweiterungen gut zugänglich.

  • Kabelpritschen und -rinnen: Eine verbreitete Lösung für größere Anlagen, bei denen viele Kabel parallel verlaufen. Ermöglicht saubere Trennung von Daten- und Energieleitungen (z. B. durch Trennstege).

Unterputz-Verlegung

  • Unterputz-Leerrohre: Bei Neuinstallationen in Massivwänden üblich. Einfache Austausch- oder Erweiterungsmöglichkeit durch Einzug weiterer Leitungen.

  • Elektroinstallationsrohre (Starr- oder Flexrohr): Im oder unter dem Estrich, in Trockenbauwänden oder -decken verlegt. Achtung auf Biegeradien und ausreichende Rohrdimension, um Beschädigungen beim Einziehen zu vermeiden.

Hohlraum- und Kanalverlegung

  • In modernen Büro- und Verwaltungsgebäuden oder in Trockenbaukonstruktionen wird die GA-Verkabelung oft in Zwischendecken und Doppelböden realisiert. Dies ermöglicht eine flexible Kabelverlegung und erleichtert Wartungs- und Umbauarbeiten.

Outdoor- und erdverlegte Leitungen

  • Bei Erdverlegung sind spezielle Außenkabel (z. B. Erdkabel NYY) zu wählen, die feuchtigkeitsbeständig und mechanisch robust sind.

  • In Außenbereichen (Fassaden, Dachflächen etc.) sollte auf UV-Beständigkeit des Kabelmantels geachtet werden.

  • Zusätzliche Schutzrohre sind oft vorgeschrieben oder sinnvoll, um Beschädigungen vorzubeugen.

Normen, Vorschriften und Planungsgrundlagen

  • DIN VDE 0100 (Errichten von Niederspannungsanlagen): Grundlegende Vorschriften zur Auswahl und Verlegung von Leitungen und Kabeln.

  • VDE 0800 (Telekommunikationsanlagen) und EN 50173 (IT-Verkabelung): Regelungen für strukturierte Verkabelungen (Ethernet, Telefon, Daten).

  • DIN EN 60332, DIN EN 60754, DIN EN 61034: Bestimmungen zum Brandverhalten und zur Rauchentwicklung (selbstverlöschend, halogenfrei etc.).

  • Herstellerspezifische Richtlinien: Einige Gebäudeautomationssysteme oder Brandmeldeanlagen haben spezielle Vorgaben für Leitungstypen (z. B. rot eingefärbte Brandmeldekabel, bestimmte Querschnitte bei Busleitungen).

  • Funktionserhalt E30/E90: Besondere Vorgaben zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit sicherheitstechnischer Anlagen (z. B. Entrauchung, Sprachalarmierung) im Brandfall.

Praxis-Tipps und Hinweise

  • Getrennte Trassen für Daten und Energie: Um Störungen zu minimieren, sollten Kabel für empfindliche Datenleitungen mit ausreichendem Abstand zu Stromleitungen und energieintensiven Lasten verlegt werden.

  • Zukunftssichere Dimensionierung: Angesichts steigender Datenmengen und der Integration neuer Technologien (z. B. IoT-Geräte, PoE-Leuchten) ist eine höhere Kategorie bei Ethernet-Kabeln (Cat.6A oder besser) meist ratsam.

  • Dokumentation: Eine saubere Kennzeichnung und Dokumentation der Kabelwege, -längen und Anschlüsse erleichtert spätere Wartungs- und Reparaturarbeiten erheblich.

  • Beschriftung: Adern, Kabelmantel und Kabelkanäle sollten an wichtigen Punkten (Verteilern, Durchführungen etc.) eindeutig beschriftet werden.

  • Schirmung korrekt anschließen: Schirme gehören an einer definierten Stelle (meist im Schaltschrank auf den Potentialausgleich) aufgelegt, um Wirksamkeit zu gewährleisten und Brummschleifen zu vermeiden.

  • Messungen und Abnahmen: Nach der Verlegung sollten neben klassischen elektrischen Messungen (Widerstand, Isolationsmessung) insbesondere bei Datenkabeln (LAN) auch Prüfmessungen (z. B. Zertifizierungstest mit Fluke-Messgeräten) durchgeführt werden.